Während sich die Elektromobilität stetig weiterentwickelt, bleibt eines der zentralen Themen immer gleich: die Batterie. Sie entscheidet über Reichweite, Ladezeiten, Sicherheit – und damit über die Akzeptanz von E-Autos im Alltag. Nun sorgt der chinesische Batterie-Weltmarktführer CATL für Aufsehen: Auf dem Tech-Day 2025 präsentierte das Unternehmen gleich drei neue Akku-Innovationen, die die Messlatte für die gesamte Branche höher legen.
In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf die drei Neuheiten: FDPB, Shenxing 2.0 und Naxtra. Was steckt hinter diesen Technologien? Wer profitiert davon? Und was bedeutet das für die Zukunft der Stromer?
FDPB – Zwei-Zonen-Batterie mit bis zu 1500 km Reichweite?
Mit der „Freevoy Dual Power Battery“ (FDPB) bringt CATL ein neuartiges Batteriekonzept auf den Markt: Statt eines einheitlichen Energiespeichers nutzt FDPB zwei getrennte Batterie-Zonen, die unterschiedlich aufgebaut sind. Die Idee dahinter: Den täglichen Bedarf mit einem kosteneffizienten, langlebigen Akku abdecken – und bei Bedarf einen Hochenergie-Akku zuschalten, der Reichweite und Leistung bringt.
Das Konzept klingt vielversprechend, denn der Nutzer muss sich nicht mehr entscheiden zwischen Reichweite oder Effizienz – beides ist möglich, und die Steuerung läuft automatisch über Software. CATL verspricht Reichweiten von über 1500 Kilometern mit einem Fahrzeug – ein Wert, der zunächst überraschend hoch klingt, zumal aktuelle E-Autos mit 600 bis 800 Kilometern schon zu den Spitzenreitern zählen.
Ist das realistisch?
Technisch gesehen ist eine solche Reichweite machbar – vor allem durch die neue „selbstformende“ Lithium-Metall-Anode, die eine extrem hohe Energiedichte erlaubt. Die Herausforderung liegt eher in der Fahrzeugintegration: Ein Akku mit 180 bis 200 kWh wiegt viel und benötigt Platz. In heutigen Mittelklassewagen ist das kaum umsetzbar. Vermutlich wird die FDPB also zuerst in größeren Limousinen, SUVs oder Nutzfahrzeugen zum Einsatz kommen.
Im Vergleich zu anderen Herstellern ist CATL hier tatsächlich ein Stück voraus. Tesla etwa arbeitet zwar an einer neuen Zellgeneration („4680“), doch deren Reichweitenpotenzial liegt bei rund 1000 km – realistisch wohlgemerkt. Die 1500 km von CATL wirken ambitioniert, aber technisch nicht ausgeschlossen – sofern Preis und Bauraum keine Rolle spielen.
Shenxing 2.0 – Laden wie Tanken, selbst im Winter
Schnelles Laden ist ein Dauerbrenner bei E-Auto-Kritikern. Mit der zweiten Generation der Shenxing-Batterie liefert CATL eine handfeste Antwort: In nur fünf Minuten sollen über 500 Kilometer Reichweite geladen werden können. Möglich wird das durch eine Ladeleistung von bis zu 12C – das bedeutet theoretisch über 1 Megawatt Stromzufuhr. Damit wäre ein Ladeerlebnis wie beim Benziner möglich.
Was bedeutet 12C eigentlich?
Die sogenannte C-Rate beschreibt, wie schnell eine Batterie im Verhältnis zu ihrer Kapazität geladen oder entladen werden kann.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
- 1C: Die Batterie lädt sich in 1 Stunde vollständig auf.
- 2C: Die Ladezeit beträgt 30 Minuten.
- 12C: Die Batterie ist in 5 Minuten vollgeladen – vorausgesetzt, es steht genug Ladeleistung zur Verfügung.
Zur Einordnung: Die meisten heutigen E-Autos laden mit 1C bis maximal 2C – CATL setzt hier mit 12C einen neuen Maßstab.
Auch in Sachen Wintertauglichkeit überrascht Shenxing: Selbst bei -10 Grad Celsius gelingt eine Schnellladung von 5 auf 80 Prozent in nur 15 Minuten – ein echter Vorteil für Länder mit kalten Wintern.
Wie schlägt sich Shenxing im Wettbewerb?
CATL ist hier tatsächlich Vorreiter – vor allem, weil die Shenxing auf der kostengünstigen LFP-Chemie basiert, die bisher nicht für hohe Ladeleistungen bekannt war. Tesla verwendet ebenfalls LFP-Zellen in einigen Modellen, erreicht aber deutlich geringere Ladegeschwindigkeiten (max. 3–4C). Andere Anbieter wie BYD kündigen zwar 10C-fähige Batterien an, doch CATL ist Stand heute der erste mit einer serienreifen 12C-Lösung.
Die Frage bleibt: Wird die Ladeinfrastruktur nachziehen? Viele aktuelle Schnellladesäulen (Ionity, EnBW, Fastned) schaffen maximal 350 kW – für die 12C-Fähigkeit braucht es deutlich leistungsstärkere Megawatt-Lader. Diese sind im Aufbau, aber noch nicht flächendeckend verfügbar. Insofern ist Shenxing zukunftsorientiert – aber noch ihrer Zeit voraus.
Naxtra – Die Natrium-Ionen-Batterie als Lithium-Alternative
Die dritte Neuheit von CATL kommt mit einem ganz anderen Fokus: Naxtra basiert nicht auf Lithium, sondern auf Natrium. Dieser Rohstoff ist weltweit verfügbar, kostengünstig und unproblematischer in der Förderung. Lange galt die Technologie als leistungsschwach, doch mit Naxtra zeigt CATL, was möglich ist.
Die Batterie bietet eine Energiedichte von 175 Wh/kg – das ist knapp unterhalb von LFP-Zellen, aber deutlich besser als frühere Natrium-Prototypen. Beeindruckend ist vor allem die Kältetauglichkeit: Selbst bei minus 30 Grad Celsius liefert sie über 90 Prozent ihrer Leistung. Und bei -40 Grad ist das Fahrzeug noch fahrbereit – das ist bislang unerreicht.
Was unterscheidet Naxtra vom Rest?
Natrium-Ionen-Akkus gelten als extrem sicher – sie sind nicht brennbar und tolerieren auch mechanische Beschädigungen gut. Im Test überstehen Naxtra-Zellen Nageldurchschläge, Quetschungen oder sogar Bohrungen, ohne Feuer zu fangen. Das macht sie besonders attraktiv für Nutzfahrzeuge, Busse, kalte Regionen – und perspektivisch auch für stationäre Speicher.
Noch ist die Technologie im Pkw-Markt nicht etabliert. Ab Ende 2025 sollen die ersten Fahrzeuge – vermutlich Plug-in-Hybride – mit Naxtra ausgestattet werden. Tesla, BMW, VW oder Hyundai haben bislang keine vergleichbare Lösung in der Pipeline. Das macht CATL zum Vorreiter in einem Segment, das gerade erst beginnt, an Relevanz zu gewinnen.
Einordnung: Marketingversprechen oder echter Fortschritt?
Bei Reichweitenangaben von über 1500 Kilometern oder Ladezeiten im Minutenbereich sind Zweifel verständlich. Und ja, ein Teil dieser Werte bezieht sich auf theoretisch optimale Bedingungen – etwa ideale Zellchemie, maximale Ladeleistung und angepasste Fahrweise.
Trotzdem: CATL liefert hier mehr als heiße Luft. Die Technologien basieren auf realen Entwicklungen, viele davon sind bereits serienreif oder stehen kurz vor der Einführung. Es ist wahrscheinlich, dass wir zunächst nicht die vollen Leistungswerte sehen werden – aber Schritt für Schritt dürften die Vorteile in die Breite getragen werden.
Im Vergleich zur Konkurrenz bleibt CATL damit der Taktgeber im Batteriegeschäft. Tesla forscht stark im eigenen Haus, BYD rückt mit seiner „Blade Battery“ und Festkörper-Technologie nach, aber aktuell wirkt CATL deutlich experimentierfreudiger – und mutiger.
Fazit: Elektromobilität wird vielseitiger – und besser
Mit FDPB, Shenxing 2.0 und Naxtra zeigt CATL, dass Batterietechnologie nicht stillsteht. Ob es um Reichweite, Ladegeschwindigkeit oder Ressourcenschonung geht – für jede Herausforderung scheint es eine Lösung zu geben. Die Elektromobilität entwickelt sich nicht in eine Richtung, sondern in viele – und das ist gut so.
Wer sich bisher vom Stand der Technik eingeschränkt fühlte, könnte durch diese neuen Batterien bald überzeugt sein. Entscheidend wird sein, wie schnell Hersteller und Infrastrukturpartner nachziehen – und welche Modelle diese Technik zuerst an Bord haben.
Du willst wissen, wie sich diese Entwicklungen auf künftige Modelle und die Ladeinfrastruktur auswirken? Dann bleib dran – auf stromer.blog halten wir dich auf dem Laufenden. Wir freuen uns auf deine Kommentare im Kommentarbereich!